„Das hat es in der Form noch nicht gegeben“

Ortstermin Messe Düsseldorf

Norbert Schüßler und Werner Dornscheidt (re.) auf dem Dach des Messehauses
Ein Gespräch mit Werner Dornscheidt, Chef der Messe Düsseldorf, und Norbert Schüßler über die Bedeutung des Messestandorts Düsseldorf, die seit 50 Jahren andauernde Zusammenarbeit der Unternehmen und die neue „Landmark“: den Messeeingang Süd


Herr Dornscheidt, wie bedeutend ist der Messestandort Deutschland? Und speziell der Düsseldorfer?
Werner Dornscheidt: Deutschland ist das älteste Messeland der Welt. Hier gibt es seit 860 Jahren Messen. Es ging los in Leipzig, kurz danach kam Frankfurt. Düsseldorf ist gegenwärtig der viertgrößte Messestandort Deutschlands von insgesamt 41 Standorten, darunter aber auch ganz kleine. Was die Rentabilität angeht, sind wir zusammen mit Frankfurt führend. Es kann durchaus sein, dass wir eine der profitabelsten Messen weltweit sind.
Norbert Schüßler: Herr Dornscheidt hat noch nicht erzählt, wie viele Leitmessen in Düsseldorf stattfinden.
Werner Dornscheidt: Es gibt jährlich weltweit 11.000 Messen, darunter 140 Welt-Leitmessen. Von diesen 140 sind 90 bei uns in Deutschland – und 23 in Düsseldorf. Zum Vergleich: Frankfurt hat 18 Leitmessen. Die 23 haben wir alle erfunden. Das ist unser großer Vorteil: 90 Prozent der Messen, die wir veranstalten, gehören uns. Wir tragen das volle wirtschaftliche Risiko. Es sind eingetragene Warenzeichen.

Sie haben die höchsten Ansprüche, Herr Dornscheidt. Kann man sagen, dass das perfekt zu Ihren Ansprüchen passt, Herr Schüßler?
Norbert Schüßler: Ich erinnere mich an ein Gespräch vor sieben Jahren, mit einem Herrn, der eine italienische Ingenieurgesellschaft vertrat, die uns kaufen wollte. Der Mann trat mit dem Anspruch auf, das größte Ingenieurbüro Europas zu werden. Diesen Anspruch haben wir nicht. Aber wir wollen in unserem Bereich ein qualifizierter Dienstleister sein, der die ganze Palette bauingenieurtechnischer Dienstleistungen anbietet – von der Projektentwicklung über die Tragwerks- und Verkehrsplanung bis zur Bauüberwachung. Wir haben sehr wohl den Anspruch, führend in Deutschland zu sein.

Seit wann arbeiten Messe Düsseldorf und Schüßler-Plan zusammen?
Werner Dornscheidt: Schüßler-Plan war von Anfang an dabei, schon beim Bau des neuen Düsseldorfer Messegeländes. 1968 wurde die Verlegung des Messegeländes nach Stockum beschlossen, 1969 war Grundsteinlegung, 1971 Fertigstellung und Eröffnung. Innerhalb von 905 Tagen wurde das Gelände hier fertiggestellt.

2018 sind also nicht nur 60 Jahre Schüßler-Plan zu feiern, sondern auch 50 Jahre Zusammenarbeit Schüßler-Plan und Messe Düsseldorf?
Beide: Ja.
Norbert Schüßler: Das kann man im Übrigen auch auf den Flughafen übertragen. 1971 wurde das damals neue Terminal eingeweiht, an dem wir als Tragwerksplaner ebenfalls beteiligt waren.
Werner Dornscheidt: Wir sind ja die einzige Messe mit hauseigenem Flughafen. Schauen Sie mal aus dem Fenster! (beide lachen; der Flughafen Düsseldorf ist nur fünf Kilometer von der Messe entfernt)

Herr Dornscheidt, wie technisiert ist ein Messebetrieb heutzutage?
Werner Dornscheidt: Das ganze Gelände hier ist unterkellert, ein großer Teil der Messe Düsseldorf liegt unter der Erde. Im Grunde ist das Gelände eine Maschine. Was hier an Technik drin ist, ist unglaublich. Wir machen oft Führungen für unsere Kunden. Wenn es Preisdiskussionen gibt, sage ich immer: Komm mal mit unter die Erde. Dort sehen sie dann unsere Fabrikhalle. Und dann bezahlen sie. Es gibt eine hübsche Geschichte, was die Leistungen der Ingenieure angeht: Man wollte eine stützenfreie Halle haben. Aber stützenfrei und Lasten an der Decke – das hat Grenzen, um es mal so auszudrücken. Die Grenze, die man damals beim Bau der Messe hatte, waren 30 mal 30 Meter. Das ist ein Raster, das Schüßler-Plan erfunden hat. Absolut irre. So genial, dass das Konstrukt, als es geliefert werden sollte, noch gar keine Zulassung hatte. Es war einzigartig. Willi Schüßler hatte etwas gerechnet, was gebastelt wurde. Die Zulassung ist dann ganz knapp mit der Zulassung für das Gelände gekommen. Dieses Merodach-System – so lautet der Fachausdruck – ist statisch ein Traum. Man kann genau sehen, was der Statiker sich gedacht hat, um eine leichte Konstruktion zu bauen, die richtig was tragen kann.
Norbert Schüßler:  Am Ende ist es so: Eine Messe braucht Flexibilität. Sie kann keine Stützen gebrauchen und keine festen Einrichtungen. Innerhalb von zwei Tagen muss sie ihr Gelände geräumt haben, um die nächste Veranstaltung unterzubringen. Die Aussteller brauchen nicht nur etwas, woran sie etwas hängen können, zum Beispiel schwere Lasten. Sie brauchen auch die ganze Versorgung: Strom, Wasser, Abwasser, Druckluft, Gas.
Werner Dornscheidt: Alle 5 mal 5 Meter haben wir Kanäle in den Hallen. Stützpunkte, die in diesem Raster in jeder Halle sind, sodass die Kunden aus der Erde ziehen können, was sie benötigen. Wenn einer 1.000 Kilowatt Strom haben will, kein Problem, dann kommt unten eine Sicherung rein. Alle 5 mal 5 Meter befindet sich ein Sicherungskasten.

Was muss heute ein Messestandort bieten, um erfolgreich zu sein?
Werner Dornscheidt: Es gibt drei Voraussetzungen. Die wichtigste: die Anbindung an eine Stadt. Wenn Sie nicht erreichbar sind, können Sie das tollste Messegelände irgendwo hinsetzen – es wird nichts passieren. Das zweite: ein gutes, funktionales Messegelände mit möglichst schnellen Auf- und Abbauzeiten. Sie müssen viel Equipment bieten. Service. Viele technische Voraussetzungen, vor allem, wenn Sie Maschinenbaumessen anbieten. Wir machen fast nur B2B-Veranstaltungen. Da werden schwere Maschinen ausgestellt. Im Prinzip machen wir Messen für Ingenieure. Das sind mir auch die liebsten – mit einem Ingenieur können Sie nämlich reden. (lacht) Dritte Voraussetzung ist eine attraktive Stadt. Und da muss ich sagen: Düsseldorf hat dermaßen an Attraktivität gewonnen – das ist unvorstellbar. Wir nutzen diese weichen Standortvorteile schamlos aus, buchen unseren Kunden umsonst Restaurants und Hotels. Das Messeticket ist gleichzeitig ÖPNV-Ticket.

Wie wichtig ist eine besondere Architektur?
Werner Dornscheidt: Unheimlich wichtig. Mit dem Bau des neuen Messegeländes hatten wir damals die Schallmauer durchbrochen. Hier wurde mit edelsten Materialen gebaut. Ein Vorzeigeprojekt. Wenn wir erweitert haben, dann immer im gleichen Baustil, 30 mal 30 Meter,
5 mal 5 Meter innerhalb der Hallen. Im Rundbau, was komfortabel ist, weil Sie kurze Strecken haben. So hat unser damaliger Architekt, der berühmte Heinz Wilke, auch Flughäfen gebaut – im Kreis oder im Dreieck, damit Sie kurze Wege haben. Das war ein Meilenstein im Messewesen.

Die neueste Attraktion ist der Messeeingang Süd. Wann fingen die Planungen an?
Werner Dornscheidt: Um 2010 sagten wir uns, wir müssen am Eingang Süd etwas machen, wir müssen ihn aufwerten. Jetzt spannen wir ein 160 Meter langes Dach vor den Eingang, in einer ordentlichen Höhe. Voll illuminierbar, in allen Farben. Vom Flugzeug aus zu sehen.
Norbert Schüßler: Dank LED können Sie heute alle Farben haben.
Werner Dornscheidt: Drupa-Rot. Interpack-Gelb. Dahinter kommt eine Empfangshalle von mehr als 2.000 Quadratmetern mit einem schwebenden Besprechungsraum innerhalb des Foyers. Das wird eine Landmark für Düsseldorf. Das hat es in der Form noch nicht gegeben.
Norbert Schüßler:  Solche Konstruktionen sind enorm anspruchsvoll. Der neue Eingang wird den Anspruch einer international führenden Messe widerspiegeln. Für uns natürlich eine spannende Aufgabe, einmal von der Tragwerksplanung her, aber auch, was die schiere Größe angeht. Insofern sind wir dankbar, bei diesem Projekt mitwirken zu dürfen.

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