„Es ist eine Ehre, an diesem Haus arbeiten zu dürfen“
Ortstermin Global Tower, Frankfurt am Main
Ein Gespräch mit Jörg Werner, Managing Director Real Estate Development bei der GEG German Estate Group, und Marcus Geipel, Geschäftsführer Schüßler-Plan, über die Revitalisierung des Global Tower, den Respekt vor einer Architekturlegende und die Vorzüge von Construction Management
Herr Werner, der Ort an dem wir uns zum Gespräch getroffen haben, hat eine besondere Geschichte. Würden Sie sie kurz erzählen?
Jörg Werner: Das Gebäude „Panorama“, in dem wir uns befinden und das wir übrigens selbst entwickelt und realisiert haben, steht auf dem Maintor-Areal. Früher war hier der Stammsitz der Degussa. Zu Degussa-Zeiten war das Areal ein abgeschlossenes Fabrikgelände mit Sicherheitsschleusen und einem Sammelsurium an Gebäuden, zu dem die Öffentlichkeit keinen Zutritt hatte. Nachdem die Degussa ausgezogen war, haben wir begonnen, das Areal neu zu gestalten. Heute haben wir auf dem Gelände unter anderem 180 Wohnungen und vier Hochhäuser. Darunter der WINX Tower. Wussten Sie, dass alleine dort fast die gleiche Stahlmenge an Bewehrung verbaut wurde wie im Pariser Eiffelturm? Jedenfalls: Das Maintor ist ein kolossales Projekt, und wir haben es binnen weniger Jahre realisiert. Ein Investitionsvolumen in der Größenordnung von 850 Millionen Euro. Und eine einmalige historische Chance, der Stadt wieder Urbanität zurückzugeben. Denn historisch gesehen ist genau hier die Geburtswiege der Frankfurter Bankenwelt zu verorten. Unten am Main war der alte Hafen, wo die Boote angelegt haben und Zoll für ihre Ware zahlen mussten. Im Anschluss wurde hier die erste Münzprägeanstalt der Stadt Frankfurt errichtet. Man kann sagen: Hier entstand das Bankenviertel.
Was macht Ihnen mehr Freude? Der Neubau eines Areals oder die Revitalisierung eines bestehenden Gebäudes?
Jörg Werner: Ich bin Überzeugungstäter, ich kann das nicht auseinanderhalten. (lacht)
Der Global Tower, den Sie revitalisieren, ist nur 200 Meter von hier entfernt. Was ist das Besondere an ihm?
Jörg Werner: Wie viel Zeit haben Sie? Fangen wir so an: Der Global Tower ist eine Architekturlegende. Sie müssen bedenken, dass es damals – der Bau ist von 1974 – einen großen Architekturwettbewerb gab, an dem auch ein Mies van der Rohe teilnahm. Die Geschichte des Towers ist später etwas in Vergessenheit geraten, vor allem, seit die Commerzbank ihren damals spektakulären Turm direkt daneben gebaut hat. Mit 259 Metern ist er der höchste Wolkenkratzer Deutschlands, bis 2003 war er sogar der höchste Europas. Der Global Tower war zuletzt so etwas wie ein versteckter Diamant, der kaum jemandem aufgefallen ist. Das lag auch daran, dass die Fenster unten zwar nicht vernagelt, aber beschichtet waren. Wenn die Menschen an der Ampel warteten, schauten sie lieber zu den anderen Landmarks auf. Für uns war der Global Tower so etwas wie in der Oldtimerszene ein Scheunenfund. Die Szene schätzt das Modell zwar sehr, hat es aber aus den Augen verloren.
Wobei sich der Global Tower nun wahrlich nicht verstecken lässt, oder?
Jörg Werner: Natürlich nicht. Aber schauen Sie mal ringsherum, was hier alles entstanden ist. Das Japan Center etwa, eines der schönsten Hochhäuser Frankfurts – es gehört ebenfalls der GEG –, außerdem viele weitere Landmark-Immobilien. Daneben kann sogar ein Klassiker wie der Global Tower in Vergessenheit geraten. Nichtsdestotrotz: Ein gutes Haus bleibt ein gutes Haus! Die Anforderungen hinsichtlich der Zugänglichkeit und der Flexibilität sind damals beim Bau gut durchdacht worden. Sie haben im Global Tower das Blockrandgebäude, wo Sie auf viel Fläche horizontal Funktionen organisieren können. Sie haben zwei Hochhausscheiben oben drauf, die eine Vertikalität erzeugen. Und Sie haben in der Mitte einen Kern, der beide Seiten miteinander verbindet und die nötige Flexibilität für ein breites Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten garantiert.
Was bedeutet das konkret?
Jörg Werner: Sie können die Etagen perfekt an die Bedürfnisse und Wünsche der Mieter anpassen und aufteilen, was den Global Tower natürlich extrem wirtschaftlich macht. Somit können wir auf alle Nutzer-anfragen Antworten finden. Das ist grundsätzlich sehr, sehr positiv.
Worauf kommt es bei einer Revitalisierung an?
Jörg Werner: Sie müssen früh erkennen, was möglich und was machbar ist. Sie können das Gebäude ja nicht kaufen und hinterher sagen: „Huch, was kann ich hieraus bloß machen?“ Sie müssen Nutzungen horizontal und vertikal organisieren können. Sie müssen Sicherheit gewährleisten können. Sie müssen – kurz gesagt – den Geist der Architektur in eine funktional und technisch moderne Interpretation überführen. Die Fassade ist hierbei ein zentraler Schlüssel zum Erfolg, da sie das äußere Erscheinungsbild prägt, parallel die im Innern notwendige Flexibilität erzeugen muss und für ein nachhaltiges Gebäude auch in Bezug auf die energetische Bilanz essentiell ist.
Die Fassade ist denkmalgeschützt.
Jörg Werner: Richtig.
Marcus Geipel: Die Frage ist: Wie transportieren Sie eine solche Fassade, deren Muster erhalten bleiben muss, in die Jetztzeit? Man kann sie schließlich nicht lassen, wie sie ist, und als state of the art verkaufen.
Jörg Werner: Genau. Sie muss neuen Funktionen gerecht werden. Das gebieten allein schon die Anforderungen der Nachhaltigkeit. Häuser dieser Art waren früher sehr energieintensiv zu betreiben. Was viele Menschen nicht wissen: Ein Großteil der Energie war nötig, um die Häuser zu kühlen. Die unverschatteten Fassaden waren eine technische Lösung, die der damaligen Zeit entsprach, die heute aber nicht mehr zeitgemäß ist. Wir werden nun eine doppelschalige Fassade bauen. Die Funktionen, die Sie brauchen, um das Haus energetisch optimiert betreiben zu können, bringen wir im Scheibenzwischenraum unter, in die Membrane zwischen Innen- und Außenscheibe. Da kommt unter anderem die Jalousieanlage hinein, die tageslichtgesteuert ist. Alles Voraussetzungen, um das Haus nachhaltig zu machen und mit Blick auf den CO2-Footprint zu optimieren.
Herr Geipel, was ist für Sie die kniffligste Herausforderung bei einer Revitalisierung?
Marcus Geipel: Revitalisierung ist ein schwieriges Thema – weil man im Bestand baut. Man versucht immer, die Grundbausubstanz zu erhalten und darauf aufzusetzen. Das können Sie in der Theorie gut planen. Dennoch stoßen Sie in der Wirklichkeit immer wieder auf unerwartete Dinge oder Umstände, die Sie nicht vorhersehen konnten, weil man eben nicht auf einer grünen Wiese etwas Neues baut. Oft ist es so, dass die Bestandsunterlagen nicht gerade in hervorragendem Zustand sind. Man muss sich deshalb ausgiebig mit dem Bestand beschäftigen und immer kreative Lösungen und einen Plan B in der Tasche haben. Wer hier auf Erfahrungen aus vergangenen Projekten zurückgreifen kann, ist klar im Vorteil.
Jörg Werner: Ein großes Ziel besteht darin, Aufgaben gemeinschaftlich zu definieren und bei gegebenenfalls vorkommenden Abweichungen schnell und zielgerichtet reagieren zu können. Eine Immobilie ist immer ein Prototyp, ob Sie neu bauen oder ein Refurbishment machen. Beides erfordert viel Know-how und Erfahrung. Es darf nicht sein, dass bei einer auftauchenden Fragestellung plötzlich alle große Augen und weiche Knie bekommen und im Kreis mit dem Finger aufeinander zeigen. Mit Schüßler-Plan bilden wir ein starkes, kompetentes, erfahrenes und partnerschaftlich arbeitendes Team. Da wird so etwas nicht passieren.
Schüßler-Plan ist mit dem Construction Management beauftragt. Sie hätten ebenso gut einen Generalunternehmer installieren können. Warum diese Lösung?
Jörg Werner: Die Frage ist nicht GU oder Construction Management. Die Herausforderung besteht grundsätzlich darin – egal unter welcher Vergabevariante –, die Grundlagen so vorzubereiten, dass alle effizient und mit nur wenigen Reibungsverlusten arbeiten können. Beim Bauen und Planen ist es ein wenig wie bei einem Lexikon: Stellen Sie sich vor, Sie reißen alle Seiten heraus, mischen sie neu und kleben sie in beliebiger Reihenfolge wieder ein. Dann haben Sie zwar denselben Informationsgehalt. Trotzdem können Sie mit dem Lexikon nicht mehr viel anfangen. Ähnlich verhält es sich mit der Planung und der Umsetzung, die Struktur ist das Entscheidende. Welche Zwangspunkte hat welches Gewerk in welcher Phase? Und mit welchen Schnittstellen? Da liegt der Schlüssel zum Erfolg. Construction Management – man hört es dem Begriff ja schon an, dass man da mitten im Bau steckt, dass es raucht und knallt und stinkt. Wenn Sie auf diesem Gebiet richtig aufgestellt sind, haben Sie einen Vorteil. Es gibt nicht viele, die das können. Schüßler-Plan kann es – und hat unser volles Vertrauen.
Marcus Geipel: Wichtig ist: Construction Management ist keine Alternative zur Generalunternehmer-Vergabe, es ist eine Verbindung von Management- und Planungsleistungen mit dem Fokus auf das Bauen. Im Falle des Global Tower haben wir beim Aufstellen des Projekt-Setups festgestellt, dass es besser ist, auf Paket- und Einzelvergabe zu setzen. Da können Sie ein ganz anderes Marktspektrum anfragen. Bei Rohbauarbeiten haben Sie zehn Unternehmen, die Sie anfragen können, genauso in der Technik. Man clustert die Arbeiten in verschiedenen Gewerken und hält sich immer die Möglichkeit offen, Gewerke zusammenzufassen. Kurzum: Man hat mehr Flexibilität, mehr Möglichkeiten, einen breiteren Markt und letztlich bessere Angebote. Dennoch war es der GEG wichtig, einen zentralen Ansprechpartner im Projekt zu haben, sodass wir uns auf das Construction Management-Modell verständigt haben.
Was bedeutet der Bereich Construction Management für Schüßler-Plan? Er ist ja noch relativ neu.
Marcus Geipel: Das stimmt. Im Segment der Infrastruktur sind wir zwar schon lange als Kumulativleistungsträger tätig. Im Segment der Immobilien dagegen ist es für uns neu, als Generalplaner oder Construction Manager die maßgeblichen Leistungen im Projekt zu bündeln. Wir zeigen damit auch im Bereich der Immobilienwelt, dass wir in der Lage sind, unsere Spezialdisziplinen zu einer umfassenden Beratungsleistung zusammenzufassen. Damit öffnen sich neue Marktfelder für Schüßler-Plan, die wir weiter erschließen wollen.
Die Fertigstellung des Global Tower ist für Sommer 2020 vorgesehen. Auf welche Features freuen Sie sich am meisten?
Jörg Werner: Die Architekturlegende wiederzubeleben und ihr die Aufmerksamkeit zurückzugeben, die ihr gebührt – allein das macht schon Spaß. Der Tower ist ein ganz frühes Statement der Stadt Frankfurt hin zur Moderne und zur Lösung von Platzproblemen. Richard Heil, der Architekt, hat sich damals mit einem grandiosen Entwurf gegen große Namen – ich erwähnte Mies van der Rohe – durchgesetzt. Es ist eine Ehre, an solch einem Projekt mitarbeiten zu dürfen.