Ein Tag im Leben von ...

Fünf Beschäftigte schildern ihren Arbeitsalltag – und was sie daran schätzen

Nicolai Thern

Der Projektleiter (1)
Mein Hauptaugenmerk gilt momentan der CityBahn Wiesbaden – einem Verkehrsinfrastrukturprojekt der neugegründeten CityBahn GmbH. Es geht um die Einführung einer überregionalen Straßenbahnverbindung im Nah- und Nachbarschaftsverkehr zwischen Bad Schwalbach und den beiden Landeshauptstädten Mainz und Wiesbaden. Ein komplexes Projekt, auch deshalb, weil zwei Bundesländer betroffen sind – Hessen und Rheinland-Pfalz – mit den Gebietskörperschaften Wiesbaden, Mainz und Rheingau-Taunus-Kreis.
Mein Tag besteht aus dreierlei: Besprechungen, Besprechungen und Besprechungen. Vieles läuft über Laptop und Handy. Ein Hoch auch auf die Freisprechanlage im Auto, die selten Ruhe hat!
Wir sind mit der Planung des Gesamtvorhabens als Ingenieurgemeinschaft projektstufen- und abschnittsweise für die unterschiedlichsten Planungsgewerke beauftragt. Gemeinsam mit unseren Partnern aus der Ingenieurgemeinschaft sowie unseren Nachunternehmern arbeiten wir aktuell die Vorplanung für die innerstädtischen Abschnitte Mainz und Wiesbaden aus. Neben der eigentlichen technischen Planung einzelner Gewerke sind wir mit der technischen Federführung beauftragt, das heißt: Es gilt, auch die Planungsleistungen unserer Partner zu koordinieren, für den Abschluss der Planungsphase alle Ergebnisse zusammenzuführen und eine Dokumentation anzufertigen.
Neben den technischen Aufgaben bei der Planung großer Verkehrsinfrastrukturprojekte besteht die größte Herausforderung darin, in den frühen Planungsphasen die Bevölkerung mitzunehmen, damit sie die Maßnahme akzeptiert. Deshalb nahm ich an Infomessen – mit Bürgerdialogen – teil, um über das Projekt zu informieren. Das stieß auf großen Anklang. Ich habe festgestellt, dass ich besonderen Ehrgeiz entwickele, Menschen von der Idee und dem Nutzen des Projekts zu überzeugen. Sicher auch deshalb, weil eine Menge Halbwissen im Umlauf war.
Über Mangel an Abwechslung kann ich mich wahrlich nicht beschweren. Die Aufgabe ist verantwortungsvoll, die Zusammenarbeit mit den Kollegen gut. Was will man mehr?

Die Projektingenieurin
Mein Arbeitstag ändert sich je nach Projekt, Projektphase und Auftraggeber. Selten kann ich die Sachen bearbeiten, die ich mir morgens vorgenommen habe, da ein Anruf oder eine Mail schnell den Arbeitstag anders gestalten.
Die meiste Zeit bin ich im Büro oder auf Besprechungen. Während der Bauphase schaue ich mir dann auch gelegentlich den Baufortschritt an.
In jedem Projekt gibt es regelmäßige Treffen mit dem Auftraggeber, um den Planungsfortschritt und die Planungsdetails zu besprechen. Typische Themen sind zum Beispiel das Bauverfahren, der Bauablauf und die Logistik. Weil mögliche Bauverfahren stets vom Baugrund abhängen, ziehen wir bei diesen Fragen Bodengutachter hinzu. Der Bauablauf und die Gesamtbauzeit werden ermittelt. Bei Großprojekten wie bei der Stadtbahn Europaviertel in Frankfurt oder anderen Projekten mit beengten Platzverhältnissen ist es erforderlich, sich schon während der Planungsphase über die anfallenden Erdmassen Gedanken zu machen. Es ist zu klären, wie viel Boden anfällt, wo er zu lagern ist und wie er, wenn man ihn nicht wieder einbaut, entsorgt wird. Auch mögliche Transportwege werden aufgezeigt.
Bei jedem Projekt sind etliche Details zu planen und zu besprechen, wie zum Beispiel die Blockeinteilungen, Entwässerungssysteme, die Lage und Ausbildung der Arbeitsfugen, die gewählten Abdichtungssysteme oder auch statische Ansätze. Nicht zu vergessen gestaltungsrelevante Themen, die im innerstädtischen Bereich von großer Bedeutung sind. Ein gutes Beispiel ist hier die Lärmschutzverkleidung beim Tunnel Europagarten im Europaviertel. Hier wurde bei der Gestaltung der Portale die Lärmschutzverkleidung passend zur Glasausfachung des Geländers mit einem Bild bedruckt, wobei jedes Paneel ein eigenes Motiv hat, die zusammen ein Gesamtbild ergeben.
Jedes Projekt ist anders und bietet neue Herausforderungen. Nach einer meist langen Planungszeit schließlich das fertige Bauwerk zu sehen, finde ich besonders spannend.

Der Projektleiter (2)
Aufgabe eines Projektleiters ist es, neben der federführenden Verantwortung für das Projekt den Kolleginnen und Kollegen als fachlicher Berater zur Seite zu stehen, Fragen zu beantworten und auch mal ihre Sorgen zu teilen. Weil ich nicht nur intern stets ansprechbar sein will, sondern die Planer und Bauherren, mit denen wir zusammenarbeiten, erwarten, dass sie mich jederzeit erreichen können, hat man als Projektleiter einen eher fremdgesteuerten Arbeitsalltag.
Langweilig wird es jedenfalls nie. Schon gar nicht donnerstags, an meinem „Großkampftag“ mit einem Besprechungsmarathon. Hier ein halbwegs typischer Donnerstag: Um halb acht komme ich ins Büro, bereite die Aufgaben der Vortage nach und die neuen Themen vor, ehe um 9 Uhr der Steuerungs-Jour-Fixe für das Projekt „Erweiterung Marie-Elisabeth-Lüders-Haus“ beginnt. In diesem Bundestagsgebäude entstehen Büros, ein Bistro und Räume für das Bundestagsarchiv. Auf den Jour Fixe folgen oft spontane Sonderbesprechungen, an denen ich teilnehme, ehe ich nach Bernau fahre, wo ich das Projekt „Neues Rathaus Bernau“ betreue. Vor dem dortigen Steuerungs-Jour-Fixe begehen wir die Baustelle zusammen mit dem Bauherrn und allen Planungsbeteiligten und diskutieren aktuelle Themen der Planung und Bauausführung, etwa mit Blick auf die Tragfähigkeit des Bodens, die Herausforderungen der Rohbauerstellung, Fragen des Ausbaus und zur Koordination der Projektbeteiligten. In Bernau hat die Archäologie eine große Rolle gespielt – so wurden dort bei den Erdarbeiten mittelalterliche Brunnen und Siedlungsreste sowie Funde des alten Kirchhofes freigelegt. Das Projekt ist geprägt durch eine sehr konstruktive Zusammenarbeit mit dem Bauherrn, der in alle Belange der Planung und Ausführung eingebunden werden möchte. Das führt einerseits zu langwierigen Abstimmungen, andererseits aber auch oft zu schnellen Entscheidungen.
Wenn ich wichtige Themen in den Projekten vorangetrieben und Kollegen mit Rat und Tat unterstützt habe, ist mein Arbeitstag gelungen. Auch wenn es etwas seltsam klingen mag: Jedes Projekt, das ich bearbeite, wird zu „meinem“ Projekt, und jedes Gebäude zu „meinem“ Gebäude. Eine andere Tätigkeit könnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Die Konstrukteurin
Gleich nach meinem Abitur 2008 habe ich bei Schüßler-Plan eine Ausbildung zur Bauzeichnerin begonnen. Nach meinem Abschluss 2011 übernahm man mich als Konstrukteurin in der Abteilung Hochbau. Später habe ich dann noch eine Weiterbildung zur staatlich geprüften Bautechnikerin absolviert, was sich alleine schon deshalb gelohnt hat, weil ich auf diese Weise andere Fachbereiche kennengelernt habe, etwa Haustechnik oder die Welt der Architektur.
Die meiste Zeit des Tages arbeite ich an einem Projekt, erstelle Pläne und beantworte Anfragen von Projektbeteiligten. Ich helfe anderen, wenn sie Probleme mit Revit haben – einem 3D-Zeichenprogramm. Ich arbeite jede Woche einen kompletten Tag nur mit Revit, entwickle neue Bauteile oder schreibe neue Anwendungshilfen. Auch auf Baustellen bin ich ab und an – um mir das, was ich gezeichnet habe, „in echt“ anzusehen.
Hauptaufgabe eines Konstrukteurs ist das Anfertigen von Plänen. Ich zeichne Schalpläne für Büro- oder Wohngebäude, mit denen auf der Baustelle gearbeitet wird. Ich konstruiere die komplexe Geometrie eines Gebäudes und stelle sie so dar, dass sie für jeden auf der Baustelle verständlich ist. Das ist durch Revit einfacher geworden, wir können jetzt schneller 3D-Ansichten von komplizierten Punkten auf den Plänen darstellen.
Ich schätze an meiner Arbeit, dass ich zwischen Tätigkeiten für ein Projekt und für das 3D-Programm wechseln kann. Wann ein Arbeitstag gelungen ist? Ganz einfach: Wenn ich einen komplizierten Plan, der mich lange beschäftigt hat, fertiggestellt habe.

Der Abteilungsleiter
Unsere Abteilung beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Planung von Tunneln, von den ersten Ideen beziehungsweise vom Entwurf bis zur Ausführungsplanung. Daher bin ich vorwiegend im Büro und bei Projektbesprechungen. Unsere Abteilung ist relativ jung, sodass ich neben den organisatorischen Arbeiten, der Personalplanung, den Angeboten und Vorträgen relativ viel in den Projekten mitwirke und die Kollegen fachlich unterstütze.
Die Kollegen anzuleiten, sie zu sensibilisieren, was die relevanten Aspekte eines Projekts angeht, macht einen Großteil meiner Arbeit aus. Neben dem Gesamtüberblick geht es häufig um Details, die auf den ersten Blick vielleicht untergeordnet scheinen. Mein Lieblingsbeispiel ist die Entwässerung eines Tunnels. Obwohl nur ein kleiner Aspekt bei einem Bauvorhaben, ist sie essentiell für die Funktionstüchtigkeit. Passt die Entwässerung nicht, klappt es mit dem ganzen Tunnel nicht. Problem: Für die Entwässerung fühlt sich ein Tunnelbauer nur selten zuständig. Und der Straßenplaner plant in der Regel zwar die Entwässerung für Verkehrsanlagen, kennt aber sich zu wenig mit den Randbedingungen eines Tunnels aus.
Besonderen Ehrgeiz entwickele ich bei neuen Aufgabenstellungen. Zum Beispiel mit Blick auf BIM oder wenn es um neue Herstellungsmethoden für Tunnel geht, etwa die Tunnel-in-Tunnel-Methode bei der Erneuerung von Bahntunneln. Sie funktioniert so: Bei einem zweigleisigen Tunnel baut man ein Gleis zurück, schiebt das zweite in die Mitte und baut dann um das mittige Gleis eine Schutzbehausung. Innen fährt die Bahn, außen kann gearbeitet werden. Es macht Spaß, Projekte und Bauwerke mitzugestalten und nicht nur zu „verwalten“. Genau dafür habe ich mal Bauingenieurwesen studiert.

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