Schüßler-Plan: Unverwechselbar, persönlich und zukunftsorientiert
6 Personen, 3 Familien, 2 Generationen
Sechs Personen, drei Familien, zwei Generationen – ein Unternehmen: Ein Gespräch mit den drei Geschäftsführern, die die Geschicke von Schüßler-Plan lenken, und ihren drei Töchtern, denen sie Anfang 2018 ihre Gesellschafteranteile überschrieben haben
TEILNEHMENDE
Norbert Schüßler, Geschäftsführer, und Tochter Christina Zimmermann, geb. Schüßler, Projektleiterin Ingenieurbau
Bernd Wagenbach, Geschäftsführer, und Tochter Paula Wagenbach, studiert Bauingenieurwesen an der TU Darmstadt
Wolfgang Wassmann, Geschäftsführer, und Tochter Nina Baden-Wassmann, Projektleiterin Ingenieurbau
ORT
Mittags im Brauhaus Uerige, im Herzen der Düsseldorfer Altstadt
Das Lokal liegt in unmittelbarer Rheinnähe und ist ein symbolträchtiger Ort für Schüßler-Plan: Nur einen Steinwurf entfernt erstreckt sich der Rheinufertunnel – eines der spektakulärsten Projekte, die das Unternehmen im Laufe der vergangenen Jahrzehnte betreut hat. Es gibt viele Themen zu besprechen: Die Übertragung der Gesellschafter-anteile Anfang 2018. Das Miteinander der drei Väter und ihrer drei Töchter, die sich immer stärker im Unternehmen engagieren und es in Zukunft leiten werden. Nicht zuletzt die Wurzeln einer beispiellosen Erfolgsgeschichte: Wie aus einem Einmannbetrieb einer der größten deutschen inhabergeführten Ingenieurdienstleister wurde.
Herr Schüßler, Herr Wagenbach, Herr Wassmann: Im Frühjahr 2018 haben Sie Ihre Gesellschafteranteile auf Ihre Töchter übertragen. Das klingt nach einer historischen Entscheidung. Empfinden Sie das auch so?
Norbert Schüßler: Historisch – und einmalig. Ich kenne keine Ingenieurgesellschaft, in der die Gesellschafter das Unternehmen ihren Töchtern – und zwar nur Töchtern – übertragen hätten.
Warum die Übertragung?
Wolfgang Wassmann: Irgendwann ist der Zeitpunkt der Übergabe einfach gekommen.
Norbert Schüßler: Wir machen das in einer Situation, in der es uns gut geht. Man ist immer gut beraten, die Zukunftsplanung früh anzugehen. Vor allem, wenn es um einen Generationswechsel geht. Ich glaube, die beteiligten Gesellschafter dürfen stolz darauf sein, was sie aus dem Unternehmen, das mein Vater am Küchentisch gründete, gemacht haben. Der Zeitpunkt für den jetzigen Wechsel ist nicht zu spät, aber auch nicht zu früh.
Wolfgang Wassmann: Wir Männer sind alle Anfang 60 – und haben das Bedürfnis, den Übergang eine gewisse Zeit lang zu begleiten. Das ist auf diese Weise garantiert.
Theoretisch könnten Sie jetzt von Ihren Töchtern entlassen werden, oder?
Norbert Schüßler: Ja.
Wolfgang Wassmann: Wir kennen die Damen ja schon lange. Von daher ist das recht unwahrscheinlich.
Bernd Wagenbach: Bei der Frage, wie man die Firma an die nächste Generation übergibt, sind wir in Deutschland im Grunde Vorreiter. Wir Väter sind ja noch relativ jung. Es gibt viele Firmenschefs, die halten bis zum Gehtnichtmehr fest. Bei uns dagegen hat die frühe Übergabe Tradition. Dein Großvater Willi Schüßler, liebe Christina, hat seine Anteile geviertelt und weitergegeben, als er 63 war.
Norbert Schüßler: Gefühlt jünger ... (lacht)
Bernd Wagenbach: Damals war das Unternehmen in einer ganz anderen Phase. Die Öffnung nach Osten Anfang der 90er-Jahre – da sind wir förmlich explodiert. In dieser Situation hat Willi Schüßler – das unterstelle ich ihm jetzt mal – erstens durch eine neue Struktur des Unternehmens für die Zukunft gesorgt. Zweitens hat er uns so gut motiviert, dass wir in kürzester Zeit ein Riesenunternehmen aus dem Boden gestampft haben.
Norbert Schüßler: Ich würde in der Historie noch weiter zurückgehen – ins Jahr 1985, als mein Vater das Ingenieurbüro Willi Schüßler praktisch in die Schüßler-Plan GmbH umwandelte. 1986/87 kam das Büro beziehungsweise die Gesellschaft in Frankfurt dazu. 1987 fiel die Entscheidung, das technische Büro der Firma Hein Lehmann zu übernehmen. Aus dieser Zeit heraus entstand das Wachstum Anfang der 90er-Jahre. Die Wende mit den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit hat das Ganze exponentiell nach oben getrieben. Innerhalb von zehn Jahren haben wir uns verzehnfacht, was die Zahl der Mitarbeiter angeht.
Bernd Wagenbach: Wir hätten es uns leicht machen können, indem wir in einer Konzerngesellschaft aufgegangen wären. Angebote gab es genug. Dann wäre das Leben jetzt total entspannt. Die Entscheidung, dass das Unternehmen in der Familie bleibt, fiel uns dennoch leicht.
Woran liegt das?
Bernd Wagenbach: Unsere Maxime war immer, Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu übernehmen und ein Familienbetrieb zu bleiben. Auch mit den mehr als 800 Beschäftigten, die es heute sind.
Frage an die Töchter: Wie haben Sie es empfunden, die Anteile übertragen zu bekommen? Überwiegt die Freude? Oder der Gedanke der Verantwortung?
Christina Zimmermann: Es ist auf jeden Fall etwas Einmaliges. Wenn man am Anfang seines Berufslebens steht, muss man sich überlegen: Was möchte ich in Zukunft tun? Diese Frage mussten wir drei recht früh beantworten. Wollen wir diese Verantwortung oder nicht? Wir haben uns entschieden, sie zu wollen.
Nina Baden-Wassmann: Ich habe mich mit dem Gedanken, in das Unternehmen einzutreten, erst in den vergangenen Jahren auseinandergesetzt, Chancen und Risiken abgewogen, und mich dann dafür entschieden.
Paula Wagenbach: Ich empfinde es als eine Ehre, eine so große Verantwortung übertragen zu bekommen. Dabei habe ich immer im Hinterkopf, dass ich das schaffen kann und dass ich immer einen Vater hinter mir habe, der hilft.
Christina Zimmermann: Das ist eine Chance, die man nicht nur nutzen sollte, sondern fast schon nutzen muss.
Wenn es drei Männern, die sich so lange kennen und gemeinsam etwas Großes aufgebaut haben, gelingt, ihre Anteile an ihre drei Töchter zu übergeben: Macht einen das stolz, vielleicht sogar mehr als das?
Wolfgang Wassmann: Ja, das macht stolz.
Norbert Schüßler: Ja! Herr Wagenbach hat vorhin angedeutet, wir hätten das Unternehmen schon zig mal verkaufen können. Rein wirtschaftlich gesehen, wäre das vielleicht der bessere oder gar der einfachere Weg gewesen.
Bernd Wagenbach: Auch für die Töchter.
Norbert Schüßler: Ich hätte die Unterschrift niemals unter einen solchen Vertrag setzen können. Beruf hat etwas mit Berufung zu tun. Wenn meine Tochter gesagt hätte, ich möchte zwar Verantwortung übernehmen, aber nicht diese – das hätte ich akzeptiert. Wolfgang, wenn Deine Tochter Gleiches gesagt hätte, dann hättest auch Du gesagt: Okay, dann eben nicht.
Würden Sie sagen, dass das Festhalten am Familienunternehmen ein wesentlicher Wert ist, den Sie Ihren Töchtern mit auf den Weg geben?
Bernd Wagenbach: Aus meiner Sicht: ja.
Wolfgang Wassmann: Auf jeden Fall. Sie glauben ja gar nicht, was das für eine Wirkung bei den Mitarbeitern hatte, als wir sagten: Die drei Frauen stehen am Start.
Bernd Wagenbach: Wir hatten eine Erklärung ins Intranet gestellt. Meine Befürchtung war, dass die Mitarbeiter sagen: Um Gottes Willen! Aber es kam umgekehrt. Sie freuten sich! Sie sagten: Wir haben jetzt eine Arbeitsplatzsicherheit, die wir nie im Leben hätten, wenn ihr das Unternehmen verkauft hättet.
Wolfgang Wassmann: Wobei ich glaube, dass die Frage nach der Arbeitsplatzsicherheit gar nicht so sehr im Vordergrund steht. Viele unserer Mitarbeiter identifizieren sich mit dem Unternehmen. Wir gehen persönlich mit ihnen um, haben flache Hierarchien. Bei uns geht noch viel auf direktem Weg. Das ist ein Wert, den unsere Mitarbeiter erkennen und schätzen.
Nina Baden-Wassmann: Dass der Spirit, der im Unternehmen existiert, nicht verloren geht – das ist etwas, was wir unbedingt aufrechterhalten wollen. In einer anonymen Konzernstruktur würde diese Identifikation mit Schüßler-Plan unter Garantie verloren gehen.
Noch einmal an die Töchter: War es für Sie schon früh klar, dass Sie einmal Bauingenieurwesen studieren würden?
Nina Baden-Wassmann: Bei mir nicht.
Wolfgang Wassmann: Was wolltest Du eigentlich werden?
Nina Baden-Wassmann: Pilotin. Dann wollte ich was mit Tourismus machen. Dann International Business. Dann musste ich feststellen: Mist, die Schule ist vorbei, ich muss mich entscheiden. (lacht) Ich habe bei der Nord-Südstadtbahn in Köln ein Praktikum gemacht, hier bei Schüßler-Plan. Das fand ich total cool – diese riesigen Baumaschinen. Das ganze Ambiente gefiel mir.
Bernd Wagenbach: Paula, ich habe kein einziges Mal gesagt, dass Du Bauingenieurin werden sollst, richtig?
Paula Wagenbach: Das stimmt.
Bernd Wagenbach: Ich habe gesagt: Schau es Dir an. Wir haben ein relativ stressiges Leben. Dann noch die zwei Kollegen hier (lacht) ... Überleg’ es Dir gut!
Paula Wagenbach: Ich habe ja gerade erst mit dem Studium begonnen. Mir war allerdings schon früh klar, dass ich diesen Weg gehen möchte, weil mich der Beruf schon lange interessiert hat. Bereits in der Schule habe ich gemerkt, dass ich eher naturwissenschaftlich angehaucht bin. Bauingenieurwesen macht mir einfach Spaß. Ich finde es superinteressant, zu sehen, wie Dinge entstehen, die man selber geplant hat.
Wie war es bei Ihnen, Frau Zimmermann?
Christina Zimmermann: Mein Vater war von allen meinen Entscheidungen, die ich in dieser Sache getroffen habe, überrascht. Das fing damit an, dass ich Mathe und Chemie als Leistungskurse wählte. Da hast Du, Papa, die Hände überm Kopf zusammengeschlagen: Oh Gott, Chemie! Ich habe später ein Architekturpraktikum gemacht und festgestellt: Nee, das ist es nicht. Dann habe ich mich dem Bauingenieurwesen zugewandt. Ich erinnere mich noch gut, als ich mit Dir im Auto saß und wir zu den ersten gehörten, die durch den Rheinufertunnel fuhren.
Norbert Schüßler: Der Tunnel war noch nicht offiziell in Betrieb.
Christina Zimmermann: Du sagtest: Schau, an diesem Bau haben wir mitgearbeitet. Das sind Erlebnisse, die einen prägen. Ich wollte jedenfalls nie einen Beruf haben, dessen Ziel darin besteht, einen aufgeräumten Schreibtisch zu haben.
Wolfgang Wassmann: Ich bin bei Nina nie davon ausgegangen, dass sie in die Firma eintritt. Das war sogar bis vor Kurzem kein Thema. Nina war fünfeinhalb Jahre in der Schweiz. Ich ging davon aus, dass sie dort bleibt.
Weil es in der gebirgigen Schweiz viele Tunnel zu bauen gibt?
Nina Baden-Wassmann: Das war tatsächlich einer der Gründe. In der Schweiz oder auch in Schweden, wo ich ein Projekt hatte, wollte ich für mich herausfinden: Was kann ich, und was will ich? Ganz unabhängig vom Unternehmen Schüßler-Plan.
An die Töchter: Haben Sie sich überlegt, welche Werte für Sie entscheidend sein werden, wenn es um die Leitung des Unternehmens geht?
Nina Baden-Wassmann: Motivation. Ehrgeiz. Mut. Gemeinsamkeit. Teamwork.
Christina Zimmermann: Unsere Werte entsprechen, denke ich, denen unserer Väter. Die gemeinsame Haltung ist uns wichtig. Bei uns wird in Teams gearbeitet. Man kennt sich auf dem Flur. Man kann zu jedem hingehen und sagen, ich habe eine Frage. Das ist eine fast schon freundschaftliche Atmosphäre, in allen Abteilungen.
Nina Baden-Wassmann: Ich bin relativ häufig standortübergreifend unterwegs und merke, dass diese gemeinsame Haltung an allen Orten ähnlich ist. Klar, natürlich ist es nicht so, dass wir den ganzen Tag klatschend im Büro sitzen.
Christina Zimmermann: Ich habe noch nie jemanden klatschend im Büro gesehen.
Norbert Schüßler: Jetzt verstehe ich langsam, woher die vielen Allgemeinstunden kommen. (alle lachen)
Wolfgang Wassmann: Ich habe als ganz normaler Mitarbeiter angefangen. Du, Norbert, hast ungefähr 60 Prozent der Mitarbeiter eingestellt. Wir haben ein persönliches Verhältnis zu den Beschäftigten. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Werte überhaupt. (An die Töchter:) Ihn zu erhalten, ist Eure Aufgabe. Und das wird immer schwieriger, je größer wir werden.
Drei Familien, die eng zusammenarbeiten. Wie darf man sich das vorstellen? Verbringen Sie auch gemeinsam Freizeit? Machen Sie zusammen Urlaub?
Wolfgang Wassmann: Urlaub – auf keinen Fall! Bernd und ich waren einmal zusammen Skifahren. Wir sind sehr unterschiedliche Typen.
Bernd Wagenbach: Wir haben es über die vielen Jahre gemeinsam zu etwas gebracht.
Wolfgang Wassmann: Natürlich steht zwischen uns auch immer eine gewisse Konkurrenz.
Bernd Wagenbach: Das ist die Triebfeder! Sonst wären wir heute nicht da, wo wir sind.
Wolfgang Wassmann: Aber vielleicht wären wir dann gemeinsam in den Urlaub gefahren. (alle lachen)
Bernd Wagenbach: Gleichzeitig herrscht zwischen uns dreien sehr großes Vertrauen. Und Ehrlichkeit. Auch das müssen wir an die nächste Generation weitergeben. Gegeneinander erleidet man Schiffbruch. Und ich glaube, in den letzten Jahren haben wir gelernt, Kompromisse einzugehen. Was viele Jahre kaum möglich war unter dem charismatischen Chef Willi Schüßler. Da gab es keine Kompromisse. Es sei denn, es wurde gemacht, was er wollte – das war dann der Kompromiss. Das haben wir mittlerweile gelernt, und es spräche nichts dagegen, wenn wir mal gemeinsam auf der Sonnenterrasse sitzen würden, Wolfgang.
Wolfgang Wassmann: Wir kennen uns seit 1984. Wenn Bernd den Mund aufmacht, weiß ich, was er sagen will. Und umgekehrt. Was die Firma nach vorne bringt, ist Folgendes: Auch wenn wir verschiedener Meinung sind, wollen wir dem Unternehmen nie schaden. Das ist das Entscheidende.
Norbert Schüßler: Nehmen Sie ein anderes Indiz. Wir haben alle Gesellschafter-Entscheidungen einstimmig getroffen. Mochte die Diskussion auch noch so hart sein: Am Ende gab es immer einen einstimmigen Beschluss. Das gemeinsame Ziel und Wollen steht immer im Fokus.
Wolfgang Wassmann: Es ist wichtig, immer an einem Strang zu ziehen.
An die Töchter: Wissen Sie schon, was Sie von Ihren Vätern übernehmen wollen? Und was nicht?
Christina Zimmermann: Ich möchte in meiner Freizeit ausgeglichener sein. (lacht)
Wolfgang Wassmann: Das hast Du diplomatisch formuliert, Christina.
Norbert Schüßler: Sie müssen erst noch die Fehler machen, die wir gemacht haben. Und das sollen sie auch.
Nina Baden-Wassmann: Der eine oder andere wird uns unterwegs schon passieren, schätze ich. Die Mitarbeiter zu unterstützen, finde ich wichtig. Was ich im Detail ändern möchte, weiß ich noch gar nicht. Ich werde versuchen, etwas gelassener zu sein als mein Vater.
Paula Wagenbach: Ich weiß, dass mein Vater eine sehr gute Einstellung zur Firma hat, viel Motivation mitbringt. Das möchte ich auf jeden Fall übernehmen. Wie er im Büro mit den Mitarbeitern umgeht, weiß ich nicht, aber das finde ich noch heraus.
Norbert Schüßler: Geht Euren eigenen Weg!
Beschäftigt Sie die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Christina Zimmermann: Klar.
Nina Baden-Wassmann: Das kriegen wir schon hin.
Christina Zimmermann: Ich habe feststellen müssen, wie schwierig es ist, eine Betreuung für unser Kind zu finden. Grundsätzlich denke ich aber, dass man es heute als Frau einfacher hat als früher. Es gibt Betreuungsmöglichkeiten für kleine Kinder, auch wenn man manchmal schwer einen Platz findet. Und Männer, die ein anderes Rollenverständnis haben. Die die Vaterrolle besser annehmen als früher, zeitlich gesehen.
Nina Baden-Wassmann: Klar, wir brauchen Unterstützung, so wie Ihr von Euren Frauen Unterstützung hattet. Auch in der Familie muss es einen Team-Spirit geben. Außerdem sind wir ein Familienunternehmen. Das darf ja nicht mit unserer Generation aufhören.
Norbert Schüßler: Mir kommt eine Situation in den Kopf, als ich mit meiner Frau und den Kindern nach Borkum gefahren bin und ich ihr auf der Autobahn erzählt habe, dass ich sie nur hinbringe ... das ist nicht ganz so gut angekommen. Familienunternehmen – das bedeutet nicht nur, dass man seinem Kind das Unternehmen überträgt. Dazu gehört viel mehr – das ganze Umfeld, die Lebenssituation, die Lebenspartner. Und das muss man wollen und mitgehen. Am Ende standen unsere Frauen hinter uns und sind die Sache mitgegangen.
Im Fall der Fälle: Was geht vor, das Wohl der Familie oder das Wohl des Unternehmens?
Norbert Schüßler: Wo unsere Frauen gerade nicht da sind ... (alle lachen)
Wolfgang Wassmann: In letzter Konsequenz hat man Familie, Kinder. Das geht immer vor. Das hat aber nichts mit der Frage zu tun: Fahre ich in den Urlaub oder gehe ich arbeiten? Da würde ich im Zweifel immer arbeiten gehen.
Bernd Wagenbach: Das Unternehmen strahlt sehr dominant in die Familie hinein. Auch die Freizeitaktivitäten sind immer, das muss ich gestehen, mit dem Hintergedanken „Firma“ verbunden. Ob man jetzt den Kunden am Wochenende trifft, was vielleicht nicht sein muss und weshalb meine Frau nicht unbedingt begeistert ist – wenn die Arbeit am Wochenende auf der Terrasse weitergeht. Aber ich mache es gerne!
Wolfgang Wassmann: Es gab eine Zeit, in der ich zu Hause richtig Stress hatte. Aus dieser Zeit stammt eine Vereinbarung mit meiner Frau, die heute noch gilt: An einem Tag der Woche hat meine Frau das Sagen, wann ich abends zu Hause sein muss. Daran halte ich mich. Aber da muss jeder individuell die richtige Regelung mit seiner Familie finden. Für mich ist es wichtig, dass ich auch außerhalb der Firma Freunde habe, mit denen ich mich zum Golf verabrede oder zum Radfahren. In dieser Hinsicht, Norbert, ist Dein Vater für mich kein so gutes Vorbild gewesen. Der hat nur für die Firma gelebt.
An die Töchter: Können Sie sich vorstellen, ähnlich viel Zeit in der Firma zu verbringen wie Ihre Väter, auf Kosten der Freizeit und der Familie?
Nina Baden-Wassmann: Unabhängig von Schüßler-Plan und meiner Gesellschafterrolle war ich schon immer eine ehrgeizige Mitarbeiterin. Auch in der Schweiz habe ich Überstunden gemacht. Ich höre doch nicht um 18 Uhr mit der Arbeit auf, nur weil Feierabend ist. Als Bauingenieur ist man Dienstleister und muss das dann eben fertig machen. Die Frage spielt für mich dennoch eine große Rolle. Ich muss sehen, dass ich das hier (zeigt auf ihren Babybauch) und die Arbeit unter einen Hut bekomme. Wie das künftig sein wird mit der Familie, nebenher dann noch ein bisschen Sport, das Haus umbauen und vielleicht auch wieder reiten gehen – ich weiß es nicht. Es wird schon gehen. Aber dass wir von 9 bis 17 Uhr arbeiten, glaube ich nicht.
Christina Zimmermann: Ich glaube auch nicht, dass wir uns an festgelegte Zeiten halten werden. Aber genauso wenig weiß ich, ob ich das persönlich möchte – nur in der Firma sein und meine Familie nicht sehen.
Paula Wagenbach: Ich sehe es genauso: Wenn man noch etwas Wichtiges zu erledigen hat, macht es Sinn, es abends fertig zu machen und ein paar Stunden länger zu bleiben. Aber es soll nicht auf Kosten der Familie gehen.
Gibt es Dinge, die Männer besser können als Frauen? Und umgekehrt Dinge, die Frauen besser können als Männer?
Christina Zimmermann: Männer sind in der Regel körperlich stärker als Frauen.
Bernd Wagenbach: Ich glaube, Frauen gehen strukturierter an Dinge heran. Frauen sind in vielerlei Hinsicht strukturierter.
Nina Baden-Wassmann: Bei uns zu Hause ist es genau umgekehrt.
Bernd Wagenbach: Männer sind emotionaler.
Wolfgang Wassmann: Oh ja!
Nina Baden-Wassmann: Männer sind emotionaler? (lacht) Ich glaube, in dieser Hinsicht kann man nichts pauschalisieren.
(Als Vorspeise gab es Spargelcremesuppe. Nun wird der Hauptgang serviert, Senfrostbraten. Christina Zimmermann und Nina Baden-Wassmann sprechen während des Essens darüber, welche Lebensmittel während einer Schwangerschaft besser zu vermeiden sind. Dann geht es im Gespräch um die Frage, wie groß die Schwierigkeiten sind, einen Betreuungsplatz für ein einjähriges Kind zu bekommen. Als das Dessert kommt, ist es Zeit für eine Bilanz.)
Werden Sie sich eines Tages einig sein, was das gemeinsame Urlaubsziel angeht?
Nina Baden-Wassmann: Also ich kann mir gut vorstellen, wie Ihr beide, Papa und Bernd, im Wohnmobil durch Dänemark cruist.
Wolfgang Wassmann (löffelt sein Dessert, schweigt lächelnd)
Bernd Wagenbach: Ich hätte damit überhaupt kein Problem. (lacht)
Haben Sie ein Erfolgsrezept, wie es drei Familien über einen so langen Zeitraum so gut miteinander aushalten?
Norbert Schüßler: Man muss leidensfähig sein.
Wolfgang Wassmann: Das stimmt.
Bernd Wagenbach: Wir haben alle die gleiche Triebfeder. Und es herrscht zwischen uns an keiner Stelle Missgunst.
Wolfgang Wassmann: Am Ende sind wir uns eben in vielerlei Hinsicht ähnlich.